Oft werden digitale Medien fast ausschliesslich fürs Üben und Trainieren genutzt. Damit wird deren Potential aber bei weitem nicht ausgeschöpft, denn sie können in allen Phasen des Lernprozesses eine wichtige Rolle spielen. Entsprechend erweitern digitale Medien auch die Möglichkeiten bei der Begleitung des Lernprozesses.
Inhaltsverzeichnis
Digitale Medien im Lernprozesse
Im folgenden Clip wird anhand eines universellen Onlinetools wie Padlet aufgezeigt, wie digitale Medien in den verschiedenen Phasen des Lernprozesses eingesetzt werden können:
Selbstwirsamkeitserfahrungen sind ein entscheidender Treiber für die Lernmotivation. Durch multimediale und kollaborative Funktionen sind digitale Medien prädestiniert für vielfältige und aktivierende Lernaufgaben. Sie eignen sich aber auch sehr gut, um den Lernprozess zu dokumentieren und zu reflektieren. Im nächsten Video werden anhand konkreter Beispiele verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, um im kompetenzorientierten Unterricht das Lernen sichtbar zu machen:
Lernen mit digitalen Medien sichtbar zu machen verlangt zunächst einmal eine aktivierende, kompetenzorientierte Lernaufgabe, bei der ein motivierendes Lernprodukt eingefordert wird. Idealerweise haben die Lernenden dabei die Wahl aus mehreren Möglichkeiten. So kann eine Klassenlektüre auf verschiedenste Weise verarbeitet werden (> Beispiel).
Hier zwei Beispiele für digitale Lernprodukte aus der Stadt Zürich:
Videoreflexion der Projektarbeit
Die Schülerin hat als Abschlussprojekt einen Blog über Fantasybücher gestaltet. Ihr Vorgehen hat sie in Form eines Videos dokumentiert und reflektiert. Als Tool hat sie dabei Adobe Spark Video verwendet, bei der inhaltlichen Struktur hat sie sich an den Vorgaben der Lehrpersonen orientiert:
Reiseführer als Infografik
Beim nächsten Lernprodukt galt für ein afrikanisches Land einen Reiseführer zu gestalten und diesen als einseitige Infografik zu präsentieren. Dabei mussten die recherchierten Informationen stark verdichtet und neu strukturiert werden. Canva eignet sich mit seinen unzähligen eleganten Vorlagen sehr für die Gestaltung von Infografiken, Merkblättern und Lebensläufen.
Ein ePortfolio ist quasi eine digitale Sammelmappe, mit der das Lernen dokumentiert, reflektiert und präsentiert werden kann. Ein wichtiger Aspekt dabei ist auch das gegenseitige Teilen und der Austausch über die Lernerfahrungen. In ihrer sehr hörenswerten Podcast-Folge sprechen Andi Brugger und Simon Häusermann über Gelingensbedingungen, eigene Erfahrungen und Auswirkungen auf den Unterricht und das Lernen:
Gemäss den Podcast-Machern ist eine wichtige Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Einführung von (e)Portfolios, dass die LP eigene Erfahrungen damit hat. Im Prinzip kann diese Forderung ja aufs Lernen generell ausgeweitet werden: Eine Lehrperson, die sich selber nicht ständig neuen Lernvorhaben aussetzt, ist bei der Begleitung von Lernenden nicht wirklich glaubwürdig.
Ein geeignetes Tool für ein ePortfolio ist OneNote. Aber auch Keynote, Pages, Book Creator oder ein Website-Baukasten könnten gut dafür verwendet werden. Im Endeffekt wäre es wichtig, dass die Lernenden ihr Tool der Wahl nutzen und auch über die Schulzeit weiterpflegen können.
Feedbacks sind zentraler Faktor für den Lernerfolg und zwar in alle Richtungen: Die Feedbacks der Lernenden an die Lehrperson also mindestens so sehr wie umgekehrt. Ein hilfreiches Feedback wird zeitnah abgegeben, ist ressourcenorientiert, wertschätzend und konstruktiv.
Eine hilfreiche Methode kann der Feedbackhamburger sein. Dabei werden Beobachtungen, Kritik und Anregungen für die Weiterentwicklung von einem positiven Einstieg und Ausblick eingerahmt. Das Instrument soll aber nicht als starres Muster angewendet werden, das würde rasch durchschaut und entsprechend nur noch selektiv registriert. Vielmehr soll es eine positive, wertschätzende und vertrauensbasierte Grundhaltung widerspiegeln.
Zu einer guten Feedbackkultur gehört natürlich auch, dass sich die Lernenden gegenseitig konstruktives Feedback geben und das will geübt sein. Der Feedbackhamburger und hilfreiche Satzanfänge können helfen, die Rückmeldung sinnvoll zu strukturieren und abgedroschene Floskeln zu vermeiden.
Die Lehrperson wiederum kann aus den Feedbacks der Lernenden Rückschlüsse auf den Lernerfolg ziehen und den Unterricht entsprechend anpassen.
Digitale Medien erweitern das Spektrum an Feedbackformen insbesondere durch zeit- und ortsunabhängige und multimediale Möglichkeiten. So bietet die Aufgabenfunktion von MicrosoftTeams neben schriftlichen Feedbacks auch die Möglichkeit von Audio- und Video-Feedbacks (z.b. bei den Lesefortschritten). Wird das Lernen in OneNote dokumentiert, beispielsweise in einem Klassennotizbuch, so wäre auch hier ein Audiofeedback eine niederschwellige und oft persönlicher wahrgenommene Alternative zu einer schriftlichen Rückmeldung. Hier ist jedoch nur bedingt ersichtlich, wann eine Reaktion hinzugekommen ist, was den Lerndialog ebenfalls erschwert. In dieser Beziehung sind spezialisierte Tools wie LearningView mindestens so gut für die Lernbegleitung und zeitnahe Feedbacks geeignet.
Laufend tauchen neue Tools auf, die versprechen, den Traum der selbstkorrigierenden Prüfung wahr werden zu lassen. Zwar können digitale Tools wie Classtime, Microsoft Forms oder auch Quiztools wie Kahoot!, Quizlet oder Mentimeter durchaus eine Entlastung der Lehrperson bewirken. Oft wird allerdings der grosse Aufwand für das Erstellen einer aussagekräftigen Prüfung unterschätzt, ausserdem sind alle diese Tools hauptsächlich für die Überprüfung von reproduzierbarem Wissen geeignet.
Digitale Medien eignen sich aber insbesondere durch ihre multimedialen Möglichkeiten auch für offene Aufgabenstellungen und kompetenzorientierte Leistungsnachweise. Ein entscheidendes Kriterium für die Bewertung von Leistungsnachweisen sind transparente Kriterien, die schon von Beginn klar kommuniziert werden. Kompetenzraster können hilfreiche Instrumente für die Fremd- und Selbstbeurteilung sein.
Eine kompetenzorientierte Beurteilung und wertschätzende Feedbacks sind sehr aufwändig. Das muss aber auch nicht zwingend ausschliesslich über die Lehrperson laufen. Durch eine institutionalisierte Selbstbeurteilung wird den Lernenden mehr Verantwortung übergeben, was die Lehrperson zu einem gewissen Grad entlasten kann. Auch Peerfeedbacks können eine gute Quelle für eine ganzheitliche Beurteilungskultur sein.
In einer kompetenzorientierten Beurteilungskultur liegt der Fokus klar auf der formativen Beurteilung. Hierfür können digitale Medien wie weiter oben gezeigt (Feedback, ePortfolio) eine wichtige Rolle spielen und den Prozess sowohl vereinfachen als auch vielfältiger gestalten. Links zur kompetenzorientierten Beurteilung in verschiedenen Fachbereichen: